Fracking in Deutschland und den USA: Umstrittenes Verfahren

Fracking ist die Kurzbezeichnung für "Hydraulic Fracturing" und Gegenstand kontrovers geführter Diskussionen um Sinn und Unsinn dieses Verfahrens. Dabei wird in tiefen Gesteinsschichten nach Gas gebohrt, welches mithilfe einer Mischung aus Wasser, Sand und Chemikalien unter hydraulischem Druck an die Oberfläche befördert wird. Umstritten ist diese Vorgehensweise vor allem wegen ihrer negativen Auswirkungen auf die Umwelt im Allgemeinen und das Trinkwasser im Speziellen.

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Frackingbohrturm mit einem blauen Himmel im Hintergrund
Katja Neubauer / pixelio.de

Fracking: Schmutziges Gas oder Innovation?

Fracking ist ein Verfahren, mit dem sich Erdgas aus undurchlässigem Gestein lösen lässt. Dieses Gas wird auch als "unkonventionelles Erdgas" bezeichnet. Oftmals wird auch die Bezeichnung Schiefergas verwendet, da es sich bei dem Gestein häufig um Tongestein handelt. Die Technik ist allerdings nicht neu und wurde erstmalig 1949 in den USA eingesetzt mit dem Zweck, konventionelle Gas- und Ölvorkommen besser ausbeuten zu können. Im größeren Stil wird Fracking jedoch erst seit dem Jahr 2005 genutzt und findet deswegen erst seit Kurzem erhöhte Beachtung.

Das liegt vor allem an den hohen Kosten, welche durch die Förderung mittels Fracking verursacht werden. Das führt dazu, dass dieses Verfahren erst ab einem gewissen Rohstoffpreis rentabel ist. Die Motivation zum Einsatz des Frackings stammt aus der Erkenntnis, dass die meisten Erdgas-Reservoire nicht in Gasfeldern lagern, sondern in sehr tiefen Gesteinsschichten gebunden sind. Schätzungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe gehen hier für Deutschland davon aus, dass alleine in Schieferschichten 0,7 bis 2,3 Billionen Kubikmeter Erdgas vorhanden sind, die prinzipiell gefördert werden könnten. 

So funktioniert die umstrittene Fördermethode

Vor dem eigentlichen Fracking erfolgt eine Bohrung, die bis zu fünf Kilometer tief ins Erdreich reichen kann. Sind Erdgasvorkommen erreicht, wird die Bohrung horizontal in die gasführende Gesteinsschicht geleitet. Nun folgt der umstrittene Teil des Verfahrens, den im nächsten Schritt wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in die Bohrung gepresst. Der Druck ist dabei enorm hoch und kann bis zu 1.000 bar betragen. Dieser Druck sorgt nun dafür, dass das Gestein aufgesprengt wird, wodurch das darin enthaltene Gas ins Bohrloch entweichen kann. Der Sand dient dazu, dass die entstandenen Risse offenbleiben. Das Gas wird anschließend zusammen mit den Chemikalien zurück zur Oberfläche geleitet

Können die Fracking-Chemikalien das Grundwasser verunreinigen?

Was Umweltschützern am meisten Kopfzerbrechen bereitet, sind die eingesetzten Chemikalien. Mit dem  Gemisch soll der Sand homogen gehalten und Keime abgetötet werden. Nur ein Teil des Gemischs kommt wieder an die Oberfläche zurück, der Rest bleibt in den Gesteinsschichten. Dabei gehen die Meinungen auseinander, ob und falls ja, ab wann diese Chemikalien das Grundwasser verunreinigen könnten. Laut Gutachten des Umweltbundesamtes ließen sich dauerhafte und irreversible Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung nicht von der Hand weisen. Welche und wie viele Substanzen dabei genau zum Einsatz kommen, lässt sich nicht genau ermitteln, denn das behalten die Gasunternehmen gerne für sich. Allein die Anzahl schwankt zwischen einigen Dutzend und Hunderten. Rund 750 Chemikalien wurden in einem Bericht an den US-Kongress namentlich genannt. Einige von ihnen sollen giftig, manche sogar krebserregend sein.

Leider besteht bislang keine Veröffentlichungspflicht hinsichtlich des Chemiecocktails, der scheinbar bedenkenlos in die Erde gepumpt wird. Und das gilt nicht nur für die USA, sondern auch für Deutschland. Einzig ExxonMobil gab bislang über sein Fracking in Deutschland Auskunft. Laut dem Umweltbundesamt sollen von den eingesetzten Chemikalien 6 als giftig, 6 als umweltgefährdend, 25 als gesundheitsschädlich, 14 als reizend und 12 als ätzend eingestuft worden sein. Laut ExxonMobil arbeite man daran, die giftigen Chemikalien zu ersetzen. 

Das Umweltbundesamt vertritt jedoch die Ansicht, dass auch die ungiftigen Chemikalien für das Grundwasser nicht weniger riskant seien. Und selbst wenn das Gemisch komplett zurückgewonnen werden könnte, bliebe noch die Frage nach der Entsorgung, mit der selbst Klärwerke derzeit  überfordert sind. Derzeit lässt man die Chemikalien in einer ausgedienten Bohrung einfach verschwinden, was dann als Disposal-Verfahren bezeichnet wird. 

Alter Ziehbrunnen aus dem gerade ein Eimer Wasser nach oben geholt wird
Thomas Max Müller / pixelio.de

Fracking in Deutschland

Auch hierzulande sehen Energieunternehmen in Fracking eine Technik, mit der sich die künftige Erdgasversorgung sicherstellen lässt. Für Umweltschützer ist es eher zu einem Reizwort geworden, bei dem sämtliche Alarmglocken aktiviert werden. Auch in Deutschland ist Fracking keine Neuheit und bereits rund 300 Mal zum Einsatz gekommen, wobei allerdings kein Schiefergas gefördert wurde. Vielmehr wurde die Technik in tiefen und dichten Erdgasvorkommen ("Tight Gas") eingesetzt. Der erste Fracking-Test in Tongestein wurde im Jahr 2008 von der Firma ExxonMobil in der Nähe von Damme in Niedersachsen durchgeführt.

Fracking ist vor allem in Niedersachsen ein Thema. Das Bundesland verfügt über die größten Gasvorkommen Deutschlands. Niedersachsen hatte bis vor Kurzem aber auch ein Problem: Während der letzten fünf Jahre wurde kein Antrag auf Erdgasförderung genehmigt, bei der die umstrittene Fracking-Technologie zum Einsatz kommen sollte. Jetzt nehmen die Niedersachsen die Sache selbst in die Hand.

Fracking in Niedersachsen
Fracking in Niedersachsen
© Kurt Michel / pixelio.de

Freie Fahrt für Fracking in Niedersachsen?

In Hannover wollte man der Bundesregierung die Möglichkeit einer Neuregelung der Fördertechnik geben, auch auf die Gefahr hin, von den Energieunternehmen wegen Untätigkeit verklagt zu werden. Nun hat zumindest die Pause für Fracking in Niedersachsen ein Ende - wie auch die Geduld der Niedersachsen. Landesvater Stephan Weil (SPD) hat das Fracking-Moratorium kurzerhand beendet, da sich der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung noch immer nicht vornehmen möchte.

Dass Fracking in Niedersachsen und anderswo bei Kritikern auf heftigen Widerstand stößt, hat gute Gründe. Denn sie befürchten nicht nur massive Umweltschäden mit kaum absehbaren Folgen, sondern auch noch eine Verunreinigung des Trinkwassers. Die bereits erwähnten Chemikalien sind der Grund, weswegen Fracking Umweltschützern Bauchschmerzen bereitet. Vonseiten der Gasindustrie heißt es jedoch mittlerweile, dass man auf die Bedenken reagiert und biologisch abbaubare Fracking-Flüssigkeiten entwickelt habe. Was genau in dem Gemisch alles enthalten ist, behalten die Fracking-Unternehmen dennoch lieber für sich.

Landesregierung beugt sich dem Druck der Unternehmen

Dennoch sieht die Landesregierung in Niedersachsen nun keine rechtliche Handhabe mehr, Fracking-Anträge weiterhin auf die lange Bank zu schieben. Derzeit gehen Beobachter davon aus, dass es spätestens nach den Kommunalwahlen wieder Erdgasbohrungen mit Fracking in Niedersachsen geben wird. Fracking ist in Niedersachsen allerdings auch keine Neuheit mehr, denn in den letzten 50 Jahren wurde die Technik bereits mehr als 300 Mal eingesetzt. Zu nachweislichen Verunreinigungen ist es dabei nicht gekommen. Das bisherige Fracking in Niedersachsen wurde jedoch nur in konventionellem Gestein durchgeführt. Sorgen bereitet erst das unkonventionelle Fracking in Schiefergestein, da es hierbei auch schon nachweislich zu Umweltschäden kam. Das Fracking-Moratorium aus dem Jahr 2011 bezieht sich auch nur auf das unkonventionelle Fracking. Dennoch erfasste der Genehmigungsstopp auch das seit Jahren betriebene konventionelle Fracking. Seitdem haben in Deutschland so gut wie keine Bohrtätigkeiten mehr stattgefunden.

Druck auf die niedersächsische Landesregierung weiter erhöht

Von Seiten des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie drohte man auf einer Tagung in Hannover sogar damit, gegen die Landesregierung vor Gericht zu ziehen, falls nicht bald wieder Bohranträge genehmigt werden würden. Laut dem BVEG-Vorsitzenden Martin Bachmann ignoriere die Politik völlig, dass es um die Zukunft einer ganzen Branche, deren Mitarbeiter und Standorte gehe. Man sehe derzeit keine Alternative, als eine Bearbeitung der Anträge auf Basis des geltenden Rechts einzufordern, um so das Fracking in Niedersachsen fortsetzen zu können. Dass Fracking in Niedersachsen von hoher Bedeutung ist, zeigt sich schon allein daran, dass das Bundesland über rund 95 Prozent der deutschen Erdgasvorkommen verfügt.

Frackingfriedhof USA 2020: Methangas entweicht ungehindert

In den USA hat im August 2020 der niedrige Ölpreis dazu geführt, dass zahlreiche Fracking-Unternehmen Pleite gegangen sind. Was sich für Umweltschützer im ersten Moment nach einer guten Nachricht anhören mag, kann als Folge jedoch ein massives Umweltdesaster nach sich ziehen: Millionen Bohrlöcher bleiben zurück, ohne sicher verschlossen worden zu sein. Das als Klimakiller bekannte Methan kann in Form von Erdgas somit ungehindert in die Atmosphäre entweichen.

Die sinkenden Ölpreise haben der US-amerikanischen Fracking-Industrie einen Strich durch die Rechnung gemacht. Fracking, eine vergleichsweise aufwendige und zudem sehr umweltschädliche Förderung von Erdgas, lohnt sich nicht mehr. Viele Unternehmen sind bereits Pleite gegangen und hinterlassen unzählige unverschlossene Bohrlöcher. Der US-Präsidentschaftskandidat hat kürzlich auf dieses Problem hingewiesen, indem er von Millionen aufgegebener Öl- und Gasbohrungen im ganzen Land sprach. Erschwerend kommt hinzu, dass Umweltauflagen für Fracking, die noch aus der Zeit des Ex-Präsidenten Barack Obama stammen, gelockert wurden, um die Branche dadurch zu stützen. Infolgedessen wurden Methanemissionsvorschriften für Pipelines, Öl- und Gasfelder einfach gestrichen. Bislang war es gemäß diesen Vorschriften erforderlich, dass Bohrlöcher und Installationen mindestens zweimal pro Jahr auf Undichtigkeiten und mögliche Umweltgefahren hin überprüft werden. 

Fracking Borhturm Bohrloch

Derzeit keine Verschließung der Fracking-Bohrlöcher in Aussicht

Einschätzungen der US-Regierung zufolge sollen derzeit schon mehr als 3 Millionen Fracking-Bohrlöcher aufgegeben und mindestens 2 Millionen davon nicht sicher verschlossen worden sein, weswegen sie durch das ständig entweichende Methan eine Umweltgefahr darstellen. Um sich das Ausmaß zu vergegenwärtigen, kann man diese Methanemissionen mit den Auspuffgasen von ca. 1,5 Millionen Autos vergleichen. Allein die texanische Ölfirma MDC Energy benötigt rund 40 Millionen Dollar, um ihre Bohrstellen abzusichern. 

Angesichts der Tatsache, dass dieses Unternehmen auf einem Schuldenberg von 180 Millionen Dollar sitzt, kann es bis zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen noch eine Weile dauern. Ein pikantes Detail am Rande: Kurz vor der Unternehmenspleite wurden an die Geschäftsführung noch 8,5 Millionen Dollar ausgezahlt. Dabei wird es jedoch nicht bleiben, denn das Energieforschungs- und Analyse-Institut Rystad Energy geht davon aus, dass es bis Ende des Jahres zu mehr als 200 Pleiten in der Fracking-Branche kommen wird.

Fracking in den USA: Unternehmen unterliegen in Rechtsstreit

Auch in den USA werden wegen Streitigkeiten in Bezug auf Fracking schon seit Längerem auch die Gerichte bemüht. Hier konnte 2016 jedoch ein bemerkenswerter Sieg gegen ein Millionen-Unternehmen errungen werden, den zwei Familien in Susquehanna County davontrugen. Der US-Erdgasförderer Cabot Oil & Gas wurde schuldig gesprochen, das Grundwasser der Umgebung durch das Fracking-Verfahren verschmutzt zu haben. Jetzt muss das Unternehmen 4,25 Millionen Dollar Entschädigung an die beiden Familien zahlen, wie das zuständige Gericht in Scranton im Bundesstaat Pennsylvania entschieden hat.

Es stank und schäumte: Kontaminiertes Grundwasser war ungenießbar

Das auch in den USA äußerst umstrittene Verfahren soll dazu geführt haben, dass bei den beiden Familien das Leitungswasser schäumte und stank. Die Klage erfolgte bereits im Jahr 2009, nachdem erstmals ungewöhnlich viel Methan im Wasser nachgewiesen werden konnte. Erste Probleme wurden jedoch schon ein Jahr zuvor gemeldet, als Bewohner sich über dreckiges, schäumendes und stinkendes Trinkwasser beschwerten. Wer es dann tatsächlich trank, habe angeblich Ausschlag bekommen und sich übergeben müssen.

Cabot Oil & Gas behauptete laut der örtlichen Lokalzeitung "Scranton Times-Tribune" stets, dass es diese Probleme bereits vor ihren Bohrungen gegeben habe. Hauptkläger Scott Ely berichtete dem Lokalsender WBRE-TV, dass es sich bei dem Verfahren um eine Schlacht gehandelt habe. Vonseiten des Cabot-Anwalts wurde mittlerweile Berufung angekündigt. Bis zur Verkündung des Urteils hatte sich der Prozess über sechs Jahre hinweg in die Länge gezogen. Pennsylvania gilt derzeit als eines der wichtigsten Gasfördergebiete in den USA. Fracking wird von Umweltschützern vor allem wegen ihrer unabsehbaren Auswirkungen auf das Grundwasser heftig kritisiert.

Kontaminiertes Grundwasser
dreimirk30 / pixelio.de

Erdgas Förderung und Potenziale

Beim Stichwort Erdgasförderung ist der Gedanke an die Importabhängigkeit Deutschlands nicht weit. Was dabei meist vergessen wird, sind die eigenen Vorkommen hierzulande, die uns im vergangenen Jahr rund 9 Milliarden Kubikmeter an Erdgas beschert haben. Das mindert nicht nur die Abhängigkeit vom Ausland, sondern trägt auch zu stabileren Preisen bei.

Stabilisierung und Ausbau der Förderung durch Schiefergas (Fracking)

Die Fördermengen in Deutschland nehmen bereits seit Jahrenab. Der Grund dafür liegt darin, dass auch hierzulande das Produktionsmaximum der konventionellen Lagerstätten überschritten ist. Bleiben also noch die unkonventionellen Lagerstätten die nur durch Fracking hervorgeholt werden können. Mit deren Hilfe könnte die Produktion zumindest stabilisiert, wenn nicht sogar ausgebaut werden, wie es eine im vergangenen Januar veröffentlichte Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) darstellt. Demnach sollen allein im Schiefergestein zwischen 380 bis 2.030 Milliarden Kubikmeter an Erdgas verfügbar sein. Davon sind jedoch längst nicht alle Mengen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht auch förderbar. In den USA, in denen Schiefergas bereits seit vielen Jahren gefördert wird, liegen die Produktionsraten zwischen 20 und 30 Prozent.

Geht man im Rahmen einer sehr konservativen Rechnung nun davon aus, dass sich hierzulande 10 Prozent der Vorkommen auch tatsächlich fördern lassen, ergibt sich eine technisch gewinnbare Erdgasmenge von bis zu 2.030 Milliarden Kubikmeter, was etwa dem 200-fachen der derzeitigen Jahresproduktion entspricht. Ein durchschnittlicher Haushalt in Deutschland benötigt pro Jahr etwa 600 Kubikmeter Erdgas. Die Menge würde also ausreichen, um alle Haushalte in Deutschland über 80 Jahre hinweg mit Erdgas zu versorgen. Der Nachteil: Ohne die Anwendung des umstrittenen Frackings lassen sich diese Vorkommen nicht nutzen. Nicht eingerechnet sind dabei die verbleibenden Mengen aus konventionellen Lagerstätten sowie aus Kohleflözen.

Redaktion

Wir sind das Redaktionsteam des WEMAG-Blogs. Als Mitarbeiter der WEMAG-Unternehmenskommunikation halten wir ständig Ausschau nach spannenden Themen und Geschichten. Wir begleiten die Menschen hinter der WEMAG: Sie machen täglich was Vernünftiges und gestalten die Energiewende in unserer Region.

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