Überschüssiger Strom - was passiert wenn zu viel Strom produziert wird?

So grün war es noch nie. 2024 erwies sich als besonderes Jahr. Erstmals produzierte Deutschland rekordverdächtige 62,7 Prozent des öffentlichen Nettostroms aus erneuerbaren Energien. Von überschüssigem Strom profitieren Kundinnen und Kunden kaum. Wie die Überproduktion entsteht und welche Lösungen es gibt.

Wie kommt es zur Überproduktion?

Die Abnahme von Strom folgt einem simplen Prinzip: Angebot und Nachfrage. Oft gleichen sich beide Werte, sodass nur wenig überschüssiger Strom entsteht. Anders ist das an windigen Sommertagen. Weht draußen eine Brise und die Sonne strahlt vom Himmel,  erzeugen die Anlagen viel Energie. Das ist nachhaltig, kann aber gelegentlich zu Überproduktion führen. So ruht beispielsweise die Industrie an Sonn- oder Feiertagen. Dadurch sinkt die Nachfrage. Das Angebot aber bleibt hoch. Eine Stromschwemme entsteht.

Die Lösung? Die Erneuerbare-Energien-Gesetz-Novelle 2023 (EEG 2023) bietet Betreibern von Wind-, Solar- und Biomasse-Anlagen eine verlässliche Grundlage: Zu einem garantierten Vergütungssatz können sie ihren Ökostrom jederzeit ins Netz einspeisen. Bei überlastetem Stromnetz ist das aber nur begrenzt möglich. Entschädigungszahlungen werden fällig. Auch sind Netzbetreiber verpflichtet, Ökostrom gegenüber „konventionellem“ Strom bevorzugt abzunehmen. Überschüsse müssen sie an der Börse verkaufen.

Thema der Konferenz sind die Chancen und Herausforderungen der Energiewende
Foto: WEMAG

Erneuerbare verdrängen Gaskraftwerke

Durch das stark gestiegene Angebot erneuerbarer Energien sinkt die Auslastung von Gaskraftwerken. Dadurch sind sie wenig rentabel. Ökostrom verdrängt sie mit niedrigen Erzeugungskosten vom Markt. Aber: Unwichtig sind die Gaskraftwerke nicht. Sie sollen die Versorgung bei Dunkelflauten sichern. Das sind Tage, an denen kein Lüftchen weht oder die Sonne hinter dicken Wolken steckt. Ihr Vorteil: Sie lassen sich schneller hoch- und herunterfahren als Kohle- und Kernkraftwerke. Noch dazu stoßen sie deutlich weniger CO2 aus. Fossile Energieträger mit Klimawirkung bleiben sie dennoch.

Strom-Überproduktion – Was sind die Folgen?

  • Negativpreise
    Das erhöhte Angebot drückt die Preise. Immer häufiger liegt der Preis an der Strombörse unter den eigentlichen Produktionskosten. Die 457 Stunden negativer Strompreise aus 2024 waren 2025 bereits im August erreicht. Denn noch sind Speicher- oder Umwandlungsmöglichkeiten sehr begrenzt. Wer in diesen Phasen Strom verkaufen will, muss den Abnehmern sogar noch Geld zahlen.
  • Abregelung und Entschädigungen
    Fließt zu viel Strom ins Netz, kann es überlasten. Das führt zu Spannungsspitzen und sogar Ausfälle drohen. Damit das nicht passiert, werden PV- und Windkraftanlagen abgeregelt.Sie produzieren weniger Strom, obwohl mehr möglich wäre. Dafür enthalten die Betreibenden der Anlagen eine Entschädigung. Und die werden über Netzentgelte auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt.
  • Verkauf an Nachbarländer
    Überschüssiger Strom lässt sich nur schwer speichern oder vernichten. Die häufige Lösung: Bei Hellbrisen, also Tagen mit viel Wind und Sonne, verkauft Deutschland die Energie an seine Nachbarländer. Besonders an Österreich, Polen und Tschechien. Bei negativen Strompreisen ist die Bezahlung aber meist so gering, dass sie faktisch bei null liegt. Mitunter zahlt Deutschland sogar drauf.

Welche Lösungen gibt es?

Tatenlos schaut Deutschland aber nicht zu. Es rüstet sich für die grüne Stromschwemme. Bis Ende 2025 könnten etwa 2,3 Millionen Batteriespeicher mit einer Kapazität von 25.000 MWh überschüssige Energie sichern. Ergänzt werden sie durch etablierte Pumpspeicher mit 7.000 MW Leistung.

Besonders zukunftsweisend ist die Power-to-Gas-Technologie. Diese wandelt Stromüberschüsse in Wasserstoff um. Die sogenannte Elektrolyse ist eine höchst effiziente Methode. Laut einer Untersuchung ließen sich bis zu 60 Milliarden einsparen, wenn bis 2050 mindestens 35 Prozent der erneuerbaren Energie gespeichert und transformiert wird.

Parallel dazu passen intelligente Steuerungssysteme den Energieverbrauch von Gebäuden an. Somit erhöhen sie die Nachfrage bei hoher Erzeugung und drosseln sie, wenn wenig Ökostrom fließt. Ein flexibles System für mehr Netzstabilität. Die Sektorkopplung verknüpft schließlich Strom-, Wärme- und Mobilitätssektor zu einem effizienten Gesamtsystem. Für mehr Flexibilität im Stromnetz.

Der dynamische Stromtarif – Was ist das?

Beim dynamischen Stromtarif richtet sich der Preis nach dem aktuellen Börsenstrompreis – stündlich oder viertelstündlich. Fließt viel Ökostrom ins Netz, sinken die Kosten bei Verbrauch. Was das bringt? Sie können bares Geld sparen. Denn setzen Sie stromintensive Geräte gezielt in Zeiten eines niedrigen Preises ein, ist der Betrieb billiger. Bei negativen Preisen wird Strom sogar vergütet. Durch diese flexiblen Tarife profitieren sie schon jetzt von der Energiewende.

Endlich profitieren

Deutschlands Energiewende ist ein Paradoxon: Der Erfolg bei erneuerbaren Energien wird zum Problem. Zwar führen die Stromüberschüsse zu negativen Preisen, die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren davon aber noch nicht. Die Lösung liegt in intelligenten Speichersystemen, Power-to-Gas-Technologien und flexiblen Verbrauchssteuerungen. Mit Millionen von Batteriespeichern und vernetzten Sektoren entsteht ein Energiesystem, das aus heutigem Überfluss den Grundstein für eine grüne Zukunft legt.

Redaktion

Wir sind das Redaktionsteam des WEMAG-Blogs. Als Mitarbeiter der WEMAG-Unternehmenskommunikation halten wir ständig Ausschau nach spannenden Themen und Geschichten. Wir begleiten die Menschen hinter der WEMAG: Sie machen täglich was Vernünftiges und gestalten die Energiewende in unserer Region.

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